Heute wollen wir auf eine der Ausnahmen dieser Rechtsprechung eingehen, welche die Vermietung von großflächigen Wohnimmobilien betrifft. Das Bundesfinanzhof-Urteil vom 20.06.2023 (IX R 17/21) hat hier neue Klarheit bei der steuerlichen Behandlung von Luxusimmobilien geschaffen.
Das BFH-Urteil im Überblick
Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil vom 20. Juni 2023 eine wichtige Entscheidung zur Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Objekten mit mehr als 250 qm Wohnfläche getroffen. Die Richter stellten klar, dass bei der Vermietung von Objekten mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm eine Ausnahme von der typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht besteht, die eine Überprüfung mittels einer Totalüberschussprognose erforderlich macht.
Der Sachverhalt des Urteils
Im konkreten Fall hatten die Kläger drei Einfamilienhäuser mit Wohnflächen von 322 qm, 290 qm und 331 qm an ihre volljährigen Kinder vermietet. Die Immobilien wurden vollständig fremdfinanziert, wodurch jährliche Verluste zwischen 172.000 Euro und 216.000 Euro entstanden. Diese Verluste verrechneten die Eltern mit ihren übrigen Einkünften und erzielten dadurch eine erhebliche Einkommensteuerersparnis.
Die Rechtslage nach dem BFH-Urteil
Grundsatz der Einkünfteerzielungsabsicht
Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit wird grundsätzlich typisierend von einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen, auch wenn sich über längere Zeiträume Verluste ergeben. Diese Vermutung gilt jedoch nicht ausnahmslos (vgl. Newsletter von letzter Woche).
Ausnahme bei Luxusimmobilien
Der BFH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei der Vermietung von aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Objekten nicht automatisch von einer steuerbaren Tätigkeit auszugehen ist. Insbesondere bei Objekten mit mehr als 250 qm Wohnfläche handelt es sich um Immobilien, bei denen die Marktmiete den besonderen Wohnwert nicht angemessen widerspiegelt und die sich aufgrund der mit ihnen verbundenen Kosten oftmals nicht kostendeckend vermieten lassen.
Keine Anwendung der 66-Prozent-Regel
Das Urteil stellt klar, dass auch die Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach eine auf Dauer angelegte Wohnungsvermietung als entgeltlich gilt, wenn die erzielte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt, nichts an der Anwendung der Grundsätze zur Prüfung der Überschusserzielungsabsicht ändert. Die 66-Prozent-Regel beinhaltet lediglich eine Aussage zum Umfang der objektiven Entgeltlichkeit der Vermietungstätigkeit.
Was bedeutet eine Totalüberschussprognose?
Eine Totalüberschussprognose ist eine Prognoserechnung, die aufzeigt, ob über einen längeren Zeitraum – üblicherweise 30 Jahre – ein positives Ergebnis aus der Vermietungstätigkeit zu erwarten ist. Diese Prognose ist sehr aufwendig zu erstellen, da sie sowohl die bisherigen Ergebnisse als auch die realistischerweise noch zu erwartenden Ergebnisse enthalten muss.
Praktische Auswirkungen für Vermieter
Nachweis der Einkünfteerzielungsabsicht erforderlich
Vermieter von Objekten mit mehr als 250 qm Wohnfläche müssen nachweisen, dass die Vermietung mit der Absicht erfolgt, einen finanziellen Überschuss zu erzielen. Kann dieser Nachweis nicht geführt werden, weil über einen längeren Zeitraum Verluste erwirtschaftet werden, handelt es sich bei der Vermietungstätigkeit um eine steuerlich nicht beachtliche Liebhaberei.
Folgen der Liebhaberei
Bei einer Liebhaberei sind aus dieser Tätigkeit stammende Verluste nicht mit anderen positiven Einkünften verrechenbar. Die Tätigkeit wird der privaten Lebensführung zugeordnet und ist steuerlich nicht relevant.
Bestandsschutz für bestehende Verträge
Das BFH-Urteil hält an den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht auch nach der Einfügung von § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 fest. Dies bedeutet, dass die Rechtsprechung auch für künftige Fälle Bestand hat.
Handlungsempfehlungen
Für neue Vermietungen
Bei geplanten Vermietungen von Objekten mit mehr als 250 qm Wohnfläche solltet Ihr bereits im Vorfeld eine Totalüberschussprognose erstellen oder erstellen lassen. Diese sollte realistisch aufzeigen, dass über einen Zeitraum von 30 Jahren ein positiver Gesamtüberschuss zu erwarten ist.
Für bestehende Vermietungen
Falls Ihr bereits Objekte mit mehr als 250 qm Wohnfläche vermietet und Verluste geltend macht, empfehlen wir eine Überprüfung der steuerlichen Situation. Gegebenenfalls sollte nachträglich eine Totalüberschussprognose erstellt werden, um die Einkünfteerzielungsabsicht zu dokumentieren.
Dokumentation und Nachweisführung
Führt sorgfältige Aufzeichnungen über alle Vermietungsbemühungen und geschäftlichen Überlegungen. Dies kann bei einer späteren Prüfung hilfreich sein, um die Einkünfteerzielungsabsicht zu belegen.
Fazit
Das BFH-Urteil vom 20.06.2023 stellt eine wichtige Klarstellung für die Vermietung von Luxusimmobilien dar. Vermieter von Objekten mit mehr als 250 qm Wohnfläche müssen künftig besonders sorgfältig prüfen, ob ihre Vermietungstätigkeit als Einkünfteerzielung oder als Liebhaberei einzustufen ist. Die pauschale Anwendung der 66-Prozent-Regel reicht bei solchen Objekten nicht aus – eine individuelle Totalüberschussprognose ist erforderlich. Wir empfehlen Euch, bei entsprechenden Immobilien frühzeitig das Gespräch mit uns zu suchen, um steuerliche Risiken zu minimieren und die optimale Gestaltung Eurer Vermietungstätigkeit sicherzustellen. Nur durch eine vorausschauende Planung und ordnungsgemäße Dokumentation könnt Ihr sicherstellen, dass Eure Werbungskosten und Verluste auch künftig steuerlich anerkannt werden.
Unsere Unterstützung für Euch
Gerne beraten wir Euch individuell zu dem Thema.
Die rechtssichere Umsetzung erfordert jedoch fachkundige Begleitung. Vereinbart gerne einen persönlichen Beratungstermin unter https://www.steuerknaben.de, bei dem wir Eure individuelle Situation analysieren und einen maßgeschneiderten Gestaltungsvorschlag erarbeiten. Wir stehen gern als steuerlicher Sparringspartner zur Verfügung.
Beste steueroptimierte Grüße von den
#Steuerknaben