In unserem heutigen Newsletter möchten wir Euch über ein Thema informieren, das in den letzten Betriebsprüfungen zunehmend in den Fokus der Finanzverwaltung gerückt ist: die Verfahrensdokumentation. Wir erläutern Euch, was dahintersteckt, ob sie tatsächlich Pflicht ist und welche Vor- und Nachteile sie für Euer Unternehmen bietet.
Was ist eine Verfahrensdokumentation eigentlich?
Die Verfahrensdokumentation beschreibt den „organisatorisch und technisch gewollten Prozess“ Eurer steuerlich relevanten Datenverarbeitung. Vereinfacht gesagt handelt es sich um eine detaillierte Beschreibung aller Prozesse und Verfahren, die in Eurem Unternehmen zur Erfassung, Verarbeitung und Aufbewahrung von steuerlich relevanten Daten genutzt werden.
Die gesetzlichen Grundlagen
Die Pflicht zur Verfahrensdokumentation basiert auf den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) und deren Konkretisierung durch die GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff). Sie stützt sich rechtlich auf § 145 der Abgabenordnung.
Nach § 140 AO sind die außersteuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, auch für das Steuerrecht zu erfüllen. Diese Anforderungen gelten bereits seit dem 1. Januar 2015 und wurden durch ein BMF-Schreiben vom November 2019 in den Randziffern 151-155 nochmals verschärft.
Ist die Verfahrensdokumentation tatsächlich Pflicht?
Hier treffen wir auf eine interessante Diskrepanz: Im strengen gesetzlichen Sinne gibt es keine explizite Pflicht zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation. Allerdings vertritt die Finanzverwaltung die klare Auffassung, dass jedes Unternehmen, das steuerlich relevante Daten elektronisch verarbeitet, eine solche Dokumentation vorhalten muss.
Diese Anforderung gilt unabhängig von der Rechtsform, Größe und Branche Eures Unternehmens. Besonders wichtig ist die Verfahrensdokumentation für Betriebe mit hohen Bargeldeinnahmen, etwa in der Gastronomie oder im Einzelhandel.
Es gibt jedoch auch eine gewisse Entwarnung: Soweit eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit Eurer Buchführung nicht beeinträchtigt, liegt laut GoBD (Rn. 155) kein formeller Mangel mit sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann.
Welche Vorteile bietet Euch die Verfahrensdokumentation?
Die Erstellung einer Verfahrensdokumentation bringt für Euer Unternehmen zahlreiche Vorteile:
- Rechtssicherheit: Eine vollständige und aktuelle Verfahrensdokumentation schützt Euch vor Beanstandungen durch die Finanzbehörden und minimiert das Risiko von Steuerschätzungen.
- Effizienzsteigerung: Durch die klare Definition und Dokumentation Eurer Prozesse könnt Ihr Arbeitsabläufe identifizieren und optimieren.
- Transparenz: Die Dokumentation schafft Transparenz über Eure internen Abläufe und dient dem Risiko- und Qualitätsmanagement.
- Prozessoptimierung: Die detaillierte Erfassung aller Arbeitsabläufe macht ineffiziente Strukturen sichtbar und bietet eine solide Basis für Verbesserungen.
- Wissensmanagement: Die Verfahrensdokumentation erleichtert die Einarbeitung neuer Mitarbeiter und minimiert das Risiko des Know-how-Verlusts bei Personalwechseln.
- Digitalisierungsimpulse: Die systematische Analyse kann aufzeigen, wo digitale Lösungen den größten Nutzen für Euer Unternehmen bringen könnten.
Welche Nachteile oder Risiken bestehen?
Natürlich gibt es auch einige Herausforderungen:
- Kosten für die Erstellung: Je nach Komplexität Eurer Prozesse und Unternehmensgröße können für eine professionelle Verfahrensdokumentation nicht unerhebliche Kosten entstehen. Hier gibt es allerdings inzwischen gute Online-Vorlagen, welche individuell mit den Parametern des eigenen Unternehmens ergänzt werden können.
- Zeitaufwand: Die Erstellung erfordert Zeit und Ressourcen von Euch oder Eurer Mitarbeiter, die den aktuellen Stand der Prozesse dokumentieren müssen.
- Pflege- und Aktualisierungsaufwand: Bei jeder relevanten Änderung Eurer Prozesse oder Systeme muss die Verfahrensdokumentation aktualisiert, versioniert und mit einer nachvollziehbaren Änderungshistorie versehen werden.
- Folgekosten: Für die jährliche Aktualisierung bzw. Nutzung von Softwarelösungen fallen in der Regel weitere Kosten an.
Was passiert bei fehlender Verfahrensdokumentation?
Liegt keine oder eine unzureichende Verfahrensdokumentation vor und wird dadurch die Nachvollziehbarkeit Eurer Buchführung beeinträchtigt, kann dies zum Verwerfen der Buchführung führen. Die Finanzbehörden könnten die Ordnungsmäßigkeit anzweifeln, was zu Steuerschätzungen und potenziellen Strafzahlungen führen kann. Hingegen muss man sich dann juristisch wehren.
Besonders problematisch wird es, wenn zur fehlenden Dokumentation noch weitere (materielle) Mängel hinzukommen – dann kann die fehlende Verfahrensdokumentation „schätzungserhöhend“ wirken. Im schlimmsten Fall könnten Euch Steuernachzahlungen auf nicht existente Umsätze drohen.
Fazit
Auch wenn es keine explizite gesetzliche Pflicht gibt, so ist die Verfahrensdokumentation nach Auffassung der Finanzverwaltung für alle Unternehmen verpflichtend, die steuerlich relevante Daten elektronisch verarbeiten. Wir empfehlen Euch daher, dieses Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und sich damit zu beschäftigen.
Seht die Verfahrensdokumentation nicht nur als Pflichtübung für das Finanzamt, sondern als Chance, Eure Prozesse zu überdenken und zu optimieren. Die anfänglichen Kosten und der Zeitaufwand können sich durch gesteigerte Effizienz, rechtliche Sicherheit und eine „entspanntere“ Betriebsprüfung schnell amortisieren.
Unsere Unterstützung für Euch
Gerne beraten wir Euch individuell zu dem Thema.
Die rechtssichere Umsetzung erfordert jedoch fachkundige Begleitung. Vereinbart gerne einen persönlichen Beratungstermin unter http://termine.steuerknaben.de, bei dem wir Eure individuelle Situation analysieren und einen maßgeschneiderten Gestaltungsvorschlag erarbeiten. Wir stehen gern als steuerlicher Sparringspartner zur Verfügung.
Beste steueroptimierte Grüße von den
#Steuerknaben