Das Reverse-Charge-Verfahren und dessen Auswirkungen auf Kleinunternehmer sorgen regelmäßig für Fragen. Mit den Neuerungen im Jahressteuergesetz 2024, die seit dem 1. Januar 2025 gelten, möchten wir euch heute auf den aktuellen Stand bringen – insbesondere, wenn ihr als Kleinunternehmer Dienstleistungen aus dem EU-Ausland oder Drittländern bezieht.
Was ist das Reverse-Charge-Verfahren überhaupt?
Das „Reverse-Charge-Verfahren“ (auch „Umkehr der Steuerschuldnerschaft“ genannt) ist eine Sonderregelung im Umsatzsteuergesetz. Dabei wird die Steuerschuld vom Leistungserbringer (dem ausländischen Unternehmen) auf den Leistungsempfänger (euch als Kunden) übertragen. Der ausländische Dienstleister stellt euch daher eine Netto-Rechnung ohne Umsatzsteuer aus und ihr müsst die entsprechende Umsatzsteuer an das deutsche Finanzamt abführen.
Relevanz für Kleinunternehmer
Als Kleinunternehmer nach § 19 UStG müsst ihr keine Umsatzsteuer auf eure Ausgangsrechnungen erheben, wenn eure Umsätze im Vorjahr unter 25.000 Euro lagen und im laufenden Jahr voraussichtlich 100.000 Euro nicht übersteigen werden. Diese Grenzwerte wurden zum 1. Januar 2025 angehoben (vorher galten 22.000 bzw. 50.000 Euro).
Dienstleistungen von EU-Unternehmen
Wenn ihr als Kleinunternehmer Dienstleistungen von einem Unternehmen aus dem EU-Ausland bezieht, gibt es eine wichtige Besonderheit: Das Reverse-Charge-Verfahren ist für euch anwendbar, jedoch ohne Vorsteuerabzug. Das bedeutet konkret:
- Ihr erhaltet eine Netto-Rechnung vom EU-Dienstleister
- Ihr müsst die entsprechende deutsche Umsatzsteuer an euer Finanzamt abführen
- Im Gegensatz zu regulär besteuerten Unternehmen könnt ihr diese Steuer nicht als Vorsteuer abziehen
Die Folge: Die Umsatzsteuer stellt für euch als Kleinunternehmer einen zusätzlichen Kostenfaktor dar, ähnlich wie bei Endverbrauchern.
Wichtig: Nur wenn Ihr gegenüber Eurem Dienstleister im EU-Ausland Eure USt-ID angebt, erhaltet Ihr von diesem eine Netoo-Rechnung. Ohne USt-ID erhaltet Ihr eine Rechnung mit Umsatzsteuer und müsst auf diesen Gesamtbetrag nochmal Umsatzsteuer abführen. Dies führt also zu einer Doppel-Belastung mit Umsatzsteuer weil Ihr auch nicht als Unternehmer zu erkennen gegeben habt!
Dienstleistungen aus Drittländern
Auch bei Dienstleistungen aus Nicht-EU-Ländern (wie USA oder Schweiz) gilt das Reverse-Charge-Verfahren. Der Mechanismus funktioniert grundsätzlich genauso wie bei EU-Dienstleistungen. Allerdings können je nach Land spezifische bilaterale Regelungen bestehen.
Wichtige Neuerungen seit Januar 2025
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurden die Regelungen für Kleinunternehmer reformiert, um sie an die EU-Richtlinie 2020/285 anzupassen. Besonders bedeutsam sind folgende Änderungen:
- Erhöhte Umsatzgrenzen: Die Kleinunternehmerregelung gilt nun bis 25.000 Euro Jahresumsatz im Vorjahr (statt bisher 22.000 Euro) und bis zu 100.000 Euro im laufenden Jahr (statt bisher 50.000 Euro).
- Grenzüberschreitende Flexibilität: In Deutschland ansässige Kleinunternehmer können die Kleinunternehmerregelung nun auch in anderen EU-Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen. Umgekehrt können auch Kleinunternehmer aus anderen EU-Ländern in Deutschland entsprechend tätig werden.
- Änderungen beim Reverse-Charge-Verfahren: Ab dem 1. Januar 2025 fallen bestimmte Leistungen von Kleinunternehmern nicht mehr unter das Reverse-Charge-Verfahren, sofern dauerhafte Umsätze ausgeführt werden.
Was bedeutet das praktisch für euch?
- Pflicht zur Abführung der Umsatzsteuer: Wenn ihr als Kleinunternehmer Dienstleistungen aus dem Ausland bezieht, seid ihr verpflichtet, die entsprechende Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, könnt sie aber nicht als Vorsteuer geltend machen.
- USt-ID bei B2B-Geschäften: Wenn ihr als Kleinunternehmer Dienstleistungen für andere Unternehmen im EU-Ausland erbringt, benötigt ihr in der Regel eine USt-ID-Nummer für eure Rechnungen.
- Rechnungstellung ins EU-Ausland: Wenn ihr an Privatpersonen im EU-Ausland Dienstleistungen erbringt, könnt ihr wie gewohnt ohne Umsatzsteuerausweis und mit dem Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung (z.B. „Gemäß § 19 UStG wird keine Umsatzsteuer berechnet“) fakturieren.
- Prüft Kostenstrukturen: Da die Umsatzsteuer für bezogene Auslandsleistungen für euch als Kostenfaktor wirkt, solltet ihr dies in euren Preiskalkulationen berücksichtigen.
Fazit
Das Reverse-Charge-Verfahren kann für euch als Kleinunternehmer eine steuerliche Mehrbelastung bedeuten, wenn ihr Dienstleistungen aus dem Ausland bezieht. Durch die Neuregelungen seit Januar 2025 gibt es jedoch mehr Flexibilität bei grenzüberschreitenden Geschäften. Prüft bei internationalen Geschäftsbeziehungen genau, ob und inwieweit das Reverse-Charge-Verfahren für euch Anwendung findet und kalkuliert die zusätzlichen Kosten entsprechend
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Beste steueroptimierte Grüße von den
#Steuerknaben